Wo Künstliche Intelligenz schon heute in der Verwaltung genutzt wird
IMAGO/Silas Stein
„Vom Hype zur Realität“ lautet der Titel einer Diskussionsrunde in Berlin, die sich mit erfolgreichen Anwendungsbeispielen von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Verwaltung beschäftigte. Das Gespräch war Teil eines KI-Kongresses der Konrad Adenauer Stiftung.
Experimentierraum für Verwaltungen
„Die Neugierde auf digitale Tools in der Verwaltung ist extrem groß“, berichtete Maximilian Maxa. Er arbeitet am GovTech-Campus, einem Technologiepark in Berlin. Er wurde von der Bundesregierung und den Bundesländern gemeinsam mit Akteur*innen aus Tech-Szene, Forschung und Zivilgesellschaft ins Leben gerufen.
Am GovTech-Campus wurde die Plattform GenAI Promt geschaffen. Das ist eine Testumgebung, um KI-Sprachmodelle für den Öffentlichen Sektor anzupassen. Beschäftigte der Öffentlichen Verwaltung können verschiedene Open-Source-Sprachmodelle für ihre Arbeit ausprobieren, und zwar rechtssicher. Es gehe darum, herumzuspielen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Arbeit mit KI funktioniert, erläuterte Maxa. Zum Beispiel können die Mitarbeitenden ihre Notizen zu einem Fließtext zusammenfassen lassen.
„Wir sind an einem Punkt, wo wir erstmal Anwendungsfälle für die Verwaltung identifizieren“, sagte Maxa. Der vom GovTech-Campus geschaffenen Experimentierräume sollen dabei helfen. Verwaltungen können GenAI Promt kostenfrei nutzen.
Leichte Sprache per KI
Ein konkretes Anwendungsbeispiel schilderte Flora Geske. Sie hat SUMM AI mitgegründet, ein KI-basiertes Tool, das komplizierte Texte in Leichte Sprache übersetzt. Behörden sind gesetzlich verpflichtet, ihre Informationen barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Doch das herkömmliche Amtsdeutsch bringt viele Menschen an ihre Grenzen. In Deutschland gebe es 20 Millionen Menschen, die komplizierte Texte nicht verstehen, etwa weil sie Leseschwierigkeiten haben oder nur eingeschränkt Deutsch sprechen, erklärte Geske.
Die Antwort sei Leichte Sprache, die klaren Regeln folge. Zum Beispiel: kurze Sätze, einfache Wörter. Das KI-basierte Tool SUMM AI übersetzt Texte per Knopfdruck. Begriffe wie „Wohnungsgeberbestätigung“ werden allgemeinverständlich erklärt. Sperrige Sätze wie „Der Pflicht zur An- und Ummeldung ist innerhalb von zwei Wochen nachzukommen“ formuliert die KI um.
Eingesetzt wird das zum Beispiel in Aschaffenburg. Dort werden vor allem aktuelle Pressemitteilungen „übersetzt“. Der Vorteil für die Kommune: Das geht schneller und wesentlich günstiger, als wenn Expert*innen die Texte händisch umformulieren müssten. Mehr als 90 Prozent der Kosten könnten Kommunen durch den KI-Einsatz sparen, sagte Geske.
Gut aufbereitete Daten sind die Grundlage
Eine Grundlage für künftige KI-Nutzungen schafft unter anderem Polyteia. Das vor sechs Jahren gegründete Start-up ist auf die Arbeit mit dem öffentlichen Sektor spezialisiert. Mehr als 100 Verwaltungseinheiten arbeiten bereits mit Polyteia zusammen, berichtete Chief Operating Officer Alexa Möller.
Im Kern geht es bei ihrer Arbeit darum, die vielfältigen Daten in den Verwaltungen aufzubereiten und zu strukturieren. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium Schleswig-Holstein. Während der Corona-Pandemie musste immer wieder neu entschieden werden, ob die Schulen offenbleiben können oder geschlossen werden müssen. Hilfreich dabei war eine standardisierte Eingabemaske, über die 800 Schulen Daten zum Pandemiegeschehen an das Ministerium übermitteln konnten – in Echtzeit. Heute wird das Tool in anderer Form genutzt. Zum Beispiel, um Erkenntnisse auszutauschen, an welchen Schulen besonders viele nicht-deutschsprachige Schüler*innen (beispielsweise aus der Ukraine) unterrichtet und zusätzliche Fachkräfte benötigt werden.
Sind die Daten über solche Plattformen erst einmal erfasst, kann im nächsten Schritt auch KI angewandt werden. Aktuell rollt das Start-up eine KI-Funktion als Beta-Version aus: einen Chatbot, der aus den Daten Berichte erstellt oder diese visualisiert. Die Datensicherheit sei in ihrer Arbeit immer ein großes Thema, berichtete Möller. Sorgen müssten sich die Verwaltungen da aber nicht machen: Alle Daten würden nach DSGVO-Standards verarbeitet und man nutze Cloud-Anbieter mit Sitz in Deutschland. Gleichwohl rät Möller den Kund*innen dazu, nichts zu überstürzen. Bei der Einführung von KI in Verwaltungen gelte: „Small steps!“
DIRK BLEICKER
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.