„Böses Spiel mit Schrottimmobilien“: Wie Kommunen es stoppen sollen
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In anderen Städten fehlen Wohnungen, Gelsenkirchen hat das umgekehrte Problem: Hier stehen viele Häuser leer und verfallen. Investor*innen wissen oft nicht, ob sie eine Immobilie später auch vermietet bekommen, deshalb schrecken sie vor teuren Sanierungen zurück. Die Stadt versucht, das Problem anzugehen. Dazu gehört, dass sie marode Häuser ankauft – und wenn die Sanierung keinen Sinn mehr ergibt, sie auch abreißt. Dabei stößt die Kommune auf ein wiederkehrendes Problem, das nun auch die Bundesregierung beschäftigt.
Krummes Geschäft
Es geht es um den missbräuchlichen Handel mit sogenannten Schrottimmobilien. Die Masche funktioniert so: Wird ein Haus zwangsversteigert, tauchen dubiose Geschäftsleute auf und bieten völlig überhöhte Preise. Tatsächlich bezahlt wird aber nur eine Sicherungsleistung in Höhe von zehn Prozent des abgegebenen Gebots. Irgendwann wird der Kauf rückabgewickelt. Doch bis es so weit ist, können die vermeintlichen Käufer*innen mit dem Haus Geld machen, etwa durch Mieteinnahmen. Und wenn das Haus erneut zwangsversteigert wird, kommt es mitunter vor, dass das Spiel von vorne beginnt und wieder ein unredlicher Erwerber den Zuschlag erhält.
Kommunen berichten, dass die betroffenen Häuser verwahrlosen und oft überbelegt werden, häufig mit Menschen aus Rumänien oder Bulgarien. Von einer „Schrotthausmafia“ spricht Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). „Skrupellose Geschäftsleute ersteigern Problemhäuser, quartieren unter teils erbärmlichen Bedingungen Menschen mit Migrationsbezug dort ein und quetschen damit die Immobilien aus wie eine Zitrone.“
Der Bund reagiert
An diesem Mittwoch hat das Bundeskabinett ein Gesetz auf den Weg gebracht, um gegen solche Machenschaften vorzugehen. Dazu wird das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) geändert. Den Gemeinden, in denen die Schrottimmobilien liegen, soll im Gesetz die Möglichkeit eingeräumt werden, in einem Zwangsversteigerungsverfahren einen Antrag auf gerichtliche Verwaltung zu stellen. Und zwar auch dann, wenn die Gemeinde selbst nicht als Gläubigerin auftritt. Voraussetzung ist, dass es sich bei dem fraglichen Haus um einen Problemimmobilie handelt.
Das Bundesjustizministerium teilt dazu mit: Durch die gerichtliche Verwaltung wird demjenigen, der die Immobilie erstanden hat, vorübergehend die Befugnis entzogen, die Immobilie in Besitz zu nehmen und sie zu verwalten. Das gilt so lange, bis das abgegebene Gebot auch bezahlt wurde. Für Bieter*innen mit unlauteren Absichten würde sich die Masche damit nicht mehr lohnen, hofft das Ministerium.
Buschmann kommt selbst aus Gelsenkirchen. Der SPD-regierten Stadt würde die neue Regelung helfen. In der Stadt gibt es 500 Problemimmobilien. Und es seien acht konkrete Fälle bekannt, für die das von Buschmann beschriebene Problem zutrifft, bestätigt Mario Hofmann. Er leitet die Stabsstelle Zukunftspartnerschaft Wohnen der Stadt Gelsenkirchen und ist Geschäftsführer der Stadterneuerungsgesellschaft. Die Stadt bemühe sich, „Mängel und Missstände vom Markt zu nehmen“. Deshalb bietet sie auch mit, wenn ein problembehaftetes Haus unter den Hammer kommt. In einem Fall seien bei der Zwangsversteigerung 700.000 Euro geboten worden, das Zweieinhalbfache des Verkehrswertes, erzählt Hofmann. „Da haben wir keine Chance.“
Dabei unterstützt das Bundesbauministerium Städte und Gemeinden bereits beim Umgang mit Schrottimmobilien. Sie können Mittel aus der Städtebauförderung verwenden, um verwahrloste, aber städtebaulich bedeutsame Gebäude zu sanieren. Auch der Ankauf wird gefördert. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) begrüßt den Kabinettsbeschluss vom Mittwoch: „Wir zeigen damit ganz klar: Leerstand und sanierungsbedürftige Gebäude, in denen Menschen wohnen, sind kein Spekulationsgegenstand.”
Mehr Informationen:
Gesetzentwurf Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz
DIRK BLEICKER
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.